aus: MZ vom 02.02.2002
Erneut Streit um Kauf-Center
Stadt plant weiter für Trotha und Mafa-Gelände - Verbände: Nicht genug Kaufkraft
Halle,/MZ. Was längst als abgehakt galt, steht nun wieder auf der Tagesordnung: Die Stadt Halle will die Planungen an dem Kaufland-Center in der Brachwitzer Straße in Trotha und an einem Einkaufszentrum auf dem früheren Mafa-Gelände in der südlichen Innenstadt fortsetzen. Noch Im Herbst hatte der damalige Planungsdezernent Friedrich Busmann nach Protesten der Innenstadt-Händler einen Planungsstopp verkündet. Nun herrscht wieder Unruhe unter den Geschäftsleuten. Citv-Gemeinschaft und Kaufleuteverband reagierten mit Unverständnis auf das erneute Umschwenken im Rathaus und kündigten Widerstand an
"Halles Handels-Landschaft würde dadurch ärmer", prophezeit Hans-Joachim Fritze von der City-Gemeinschaft. Durch das geplante SB-Warenhaus in Trotha, das laut Investor Badenia-Bau immerhin 4 000 Quadratmeter Verkaufsfläche umfassen und etwa fünf Millionen Euro kosten soll, würden nicht nur Kunden aus der Innenstadt gezogen, "Auch der klein strukturierte Handel im Umfeld des Warenhauses ist bedroht." Nach Ansicht von Fritze und Siegfried Mahlert, dein Vorsitzenden des Verbandes der Kaufleute Sachsen Anhalts, gibt es in Halle nicht genügend Kaufkraft, die weitere Warenhäuser rechtfertigen würde. Die beiden Organisationen dringen nun auf ein klärendes Gespräch mit Oberbürgermeisterin Ingrid Häußler SPD). Unterstützt werden sie dabei von der lndustrie-und Handelskammer Halle-Dessau.
Die OB hatte am Dienstag bei einer Stadtteilkonferenz in Trotha angekündigt, dem Stadtrat bald eine Beschlussvorlage zum Kaufland-Center vorzulegen. Zuvor hatten viele Bürger einen Mangel an Einkaufsmöglichkeiten moniert. Gestern teilte die Leiterin des Stadtplanungsamtes, Elisabeth Merk, mit, dass auch weiter für ein Einkaufszentrum auf dem Mafa-Gelände geplant werde. Nachteile erwarten die Händler zudem durch ein weiteres, auf dem Hermes-Gelände an der Dessauer Brücke vorgesehenes Shopping-Center. Das 3 400-Quadratmeter-Projekt soll ebenfalls von Kaufland betrieben werden. Laut Merk sei nie die Rede vom gänzlichen Stopp für die Zentren gewesen. Mit den Planungen solle den Stadträten die Gelegenheit gegeben werden, genau abzuwägen und zu entscheiden. "Wir können die Einkaufsangebote nicht nur um den Markt herum entwickeln", so Merk.
Pro und Kontra
Pro
Ein ja ist logisch
Von Andreas Lohmann
Ein Kaufland-Center mehr oder weniger - was ändert das noch an der Gesamtsituation des Einzelhandels in Halle? Die Inanenstadt muss dieses Center nicht fürchten. Viel härtere Folgen würde es für Konkurrenten in Peißen und Bruckdorf haben.
Wer mit dem Auto seinen großen Wochenend-Einkauf erledigen will, der fährt eben diese Center an und nicht in die Innenstadt. Dort ist es versäumt worden - etwa auf der Spitze einen großen Magneten zu etablieren. Rückblickend mag man das bedauern, doch es ist wohl nicht mehr zu ändern. Die Stadt hat es Anfang der 90er Jahre verpasst, die Weichen für einen wirklich starken innerstädtischen Handel zu stellen. Dieser Fehler wird nicht korrigiert, indem etwa Trotha mit einem Investitionsverbot belegt wird. Zumal die Einwohner dort auch mehr Angebote fordern.
Die Stadt muss in Ruhe abwägen. Wann am Ende ein ja zu Kaufland steht, hat das auch etwas mit Logik zu tun.
Kontra
Gefahr für Innenstadt
Von Walter Zöller
Stadtverwaltung und Stadtrat sind nicht gut beraten, wenn sie die Ansiedlung weiterer großer Einkaufszentren an den Eingangstoren zur Innenstadt forcieren. Und bei den Plänen sowohl für Trotha als auch für das Hermes-Areal an der Dessauer Brücke geht es schließlich nicht um die Ergänzung der Nahversorgungsangebote. Vielmehr stehen größere Warenhäuser zur Debatte, die auch Kundschaft aus dem Saalkreis anlocken sollen.
Politisches Ziel aber muss sein, Kaufkraft in der City und nicht am Stadtrand zu binden. Nur so kann die Innenstadt langfristig gesunden. Was Halle fehlt, sind nicht Projekte auf der grünen Wiese, sondern Investoren, die der Innenstadt noch mehr Impulse geben. Wer aber viel Geld in einen Laden am Boulevard steckt, will auch Aussicht auf gute Umsätze haben. Und die ist getrübt, wenn die Kundschaft schon in Trotha oder an der Dessauer Brücke die Kassen klingeln lässt.