Wohnhaus Madeweiß - Kaffeegarten Trotha

Kaffeegarten Trotha einst u. a.:

 

(zusammengestellt von Matthias J. Maurer)

Historischer Abriss

Die Geschichte des hier betrachteten Geländes reicht weit in die Vergangenheit zurück. Schon seit frühester Urzeit und namentlich mit Funden aus der Bronzezeit sind Besiedlungen auf dem Gebiet der gesamten Gemarkung Trotha nachweisbar.

Historisch zu belegen ist der Werdegang des Areals in der Pfarrstraße durch Funde aus der slawischen Zeit (um 600-800 n.Chr.). In dieser Zeit befand sich hier ein Kastell zum Schutze der Siedlungsgrenze zwischen den Slawen und den Germanen; die Saale bildete damals den Grenzfluß. Nach der Eroberung des Gebietes durch Karl den Großen und nachher dessen Sohn König Karl V. wurde auf dem Gelände der alten und mittlerweile zerstörten slawischen Feste ein Ministerialensitz bzw. ein kleines germanisches Kastell errichtet. Mit diesem Besitztum wurde dann ein Sproß derer von Rebeningen (heute: Röblingen am See) belehnt. Als "Herren von Trotha" bezeichneten sich die hier ansässigen Ritter, was darauf zurückzuführen ist, dass es in dieser Zeit noch üblich war, sich nach dem Orte zu benennen, mit dem man als Adelsherr belehnt worden war. Das Adelsgeschlecht besteht noch heute.

Die von Trotha verließen auf Grund von Querelen mit dem in Halle ansässigen Kloster Neuwerk den Ort in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Im Jahre 1426 waren die Höfe in Trotha im Zusammenhang mit diesen Zwistigkeiten niedergebrannt und wohl nie wieder richtig aufgebaut worden.

Geschichtlich von Interesse ist das Gelände ferner dadurch, das gegen Ende des 17. Jahrhunderts Friedrich Madeweiß, der sich als kurfürstlich-brandenburgischer Postmeister große Verdienste erwarb, dessen Eigentümer wurde. Im Jahre 1685 erbaute er das heute noch stehende Wohnhaus. Manch hohen Besuch sah das Gelände in jener Zeit, so den brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. (ab 1701 König Friedrich I. in Preußen), als er die Universität in Halle weihte und den Grundstein für die steinerne Schleuse in Trotha legte.

In der Mitte des 18. Jahrhunderts hatte Abraham von Eichstädt, ein Jugendfreund des sächsischen Staatsministers Brühl, das Grundstück mit Hilfe des Ministers erworben. Von Eichstädt nahm - vielleicht als Gefälligkeit für diesen Dienst - in seinem Hause die Stieftochter von Brühl auf, die von diesem hierher in die Verbannung geschickt worden war. Ihr wurde eine "unstandesgemäße" Beziehung zu ihrem Musiklehrer vorgeworfen, bei dem es sich um keinen geringeren als um Friedemann Bach handelte.

Später gelangten Wohnhaus und Grundstück in den Besitz der Familie Preiß, die unter dem Namen "Preißischer Kaffeegarten" mit großem Erfolg das hier eingerichtete Etablissement führten. Berühmt war der Kaffeegarten unter anderem durch die Eierkuchen der Familie Preiß, so dass der gute Ruf der Wirtsstätte Menschen aus nah und fern anzog. Am 22. Juni 1841 wurde hier der "Alte Verein" (eine der ältesten halleschen burschenschaftlichen Verbindungen) gegründet, aus dem am 5. Juli 1844 der Wingolf (ebenfalls eine Studentenverbindung) hervorging - dieses Ereignis fand ebenfalls in Trotha statt.

In den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts dann übernahm Franz Edel das Gelände, der Inhaber des Neuen Theaters in Halle war, welches durchaus als ein Vorläufer des heutigen "nt" gesehen werden darf. Edel nutzte den Kaffeegarten - der aber weiter Restauration war - als einen zusätzlichen Auftrittsort für seine Künstler und sorgte auf diese Weise für einen vermehrten Besucherstrom.

Der erste Weltkrieg bedeutete den Niedergang des Kaffeegartens, und die Inflation vereitelte die ehrbaren Bemühungen damaliger Zeitgenossen in Bezug auf eine Wiederbelebung.

Im Jahre 1924 erwarb der hallesche Ruderclub (HRC) das Gelände und baute Garten und Gebäude um. Der Sportclub wurde im Jahre 1051 enteignet; heute ist er wieder auf dem Gelände ansässig.

Das ehemalige Madeweiß'sche Haus diente in der Folgezeit unter anderem als Schule, Jugendwohnheim sowie als Bauhof des Hochbauamtes Halle. Der Saalanbau wurde als Turnhalle genutzt.

Heute stehen alle Gebäude leer, und es warten das Haupthaus, der Saal sowie das gesamte Gelände auf eine neue Nutzung.

Seitenanfang

Der aktuelle Stand der Dinge

Derzeit ist der Kaffeegarten an vielen Stellen auf sehr eindruckvolle Weise von historischem Interesse, d.h. auf dem Gelände befinden sich - manchmal etwas versteckt - Zeichen aus verschiedenen geschichtlichen Epochen.

Das Madeweiß'sche Haus selbst begrüßt den Besucher zunächst am Haupteingang mit einem deutlichen Hinweis auf seinen Erbauer. Eine in Stein gebrachte Inschrift würdigt Friedrich Madeweiß und hält ihn in Erinnerung. Im Haus selbst befinden sich am Kellereingang an der Decke Stuckelemente, die hoffen lassen, dass bei einer Restaurierung des Gebäudes auch im ersten Obergeschoss Stuck und andere Verzierungen gefunden werden, wenn man sich daran begibt, die Räume mit den derzeit abgehängten Decken wieder in den Originalzustand zu versetzten.
Aus der Bauzeit des Gebäudes stammen ebenfalls die wesentlichen Teile des Dachstuhles, der als "doppelter Stuhl" bezeichnet wird. Dieser Dachstuhl befindet sich in einem relativ guten Erhaltungszustand.

Das Wohnhaus des einstigen Postmeisters hat im Zuge der Nutzung des Geländes als Kaffeegarten einen Anbau erhalten, der sich in westliche Richtung weisend an das Haupthaus anschließt.
Dieser Anbau stellte in der Vergangenheit den Festsaal der Restauration dar. Innen offenbaren sich erstaunliche Details, denn die recht kunstvoll gestaltete Dachkonstruktion mit in den Raum hineinragenden Gebälk ist außerordentlich gut erhalten und bildet noch heute eine sehenswerte Zierde.

Letztlich als sehr interessant wäre noch der Keller zu nennen. Hier findet der Besucher Tonnengewölbe und Türrahmen bzw. Fasen (= abgeschrägte Ränder), die in die gotische Zeit eingeordnet werden können. Somit hat man hier noch Zeichen aus der Zeit derer von Trotha. Ein steinernes Konsolsims an einem Türdurchgang könnte gar in die Romanik datiert werden.

Auf dem Gelände des des ehemaligen Gartens kann man Reste aus alter Zeit kaum noch erahnen. Die vom Ruderclub genutzten und aus neuerer Zeit stammenden Gebäude stehen an der Stelle von Nebengebäuden des Kaffeegartens, so dass hier Zeugnisse aus alter Zeit verschwunden sind. Von Dingen wie der "Drei-Kaiser-Grotte" oder der "Höhle der Heinzelmännchen" - von diesen kann man in alten Schriften als sich im Garten befindlich lesen - entdeckt man heute keinerlei Spuren mehr.

Seitenanfang

Lage des Denkmals

Der Kaffeegarten Trotha liegt in gleichnamigen halleschen Stadtteil in der Pfarrstraße Nr. 3b. Während sich früher dessen Eingang an der Trothaer Straße am Denkmalsplatz (mit der Straßenbahn Haltestelle Denkmalsplatz!) befand, erreicht man das Gelände heute, indem man die Pfarrstraße entlanggeht und fast an deren Ende nach rechts einbiegt. Links befindet sich das Gebäude des HRC; rechterhand öffnet sich der Weg zu einem Platz und gibt dann den Blick zum Gebäude frei.